Was antworten Schriftsteller, wenn andere Menschen sie nach ihrem Beruf fragen? Was hat es auf sich mit der viel gerühmten gesellschaftlichen Akzeptanz?
Entschuldigen Sie, Sie sind Schriftsteller?
Ich bin Schriftsteller (wie man hier deutlich merkt, mache ich bei dem Trend einer geschlechtergerechten Sprache nicht mit). Ich bin stolz darauf, mich so nennen zu dürfen. Das habe ich mir erarbeitet. Woher kommt es also, dass ich trotzdem vermeide, in der Öffentlichkeit darüber zu sprechen? Was mir zugutekommt: Ich schreibe unter Pseudonym und bin nicht nur Schriftsteller, sondern habe noch einen zweiten, „regulären“ Beruf. Da kann man den ersten schon mal verschweigen. Aber warum tue ich das? Wenn ich stolz darauf bin, könnte ich es doch erwähnen? Leider gibt es jedoch immer noch Vorurteile, die einem das Leben schwer machen.
Was meine Freunde über mich denken
Unter Freunden ist man als Schriftsteller in der Regel immer der Exot. Einer, auf den man stolz ist, natürlich. Aber wahrscheinlich stellen sich meine Freunde vor, ich brüte im stillen Kämmerlein über einer alten Schreibmaschine und warte darauf, dass die Muse mich küsst. Was sie übrigens nur ganz selten tut, das nur am Rande. Man kann nicht oft einem klarmachen, der selbst nicht schreibt, dass Schriftsteller sein nicht halb so romantisch ist, wie allgemein geglaubt wird. Dennoch erfahre ich von ihnen jede Menge Zuspruch und Unterstützung. Dafür möchte ich mich hier auch noch einmal von ganzem Herzen bedanken. Ihr seid die Besten!
Was meine Eltern denken
In der Grundschule habe ich einmal eine Geschichte geschrieben, die in einer überregionalen Zeitung veröffentlicht wurde. So etwas macht das Elternherz natürlich stolz. Hätte ich nach der Schule aber verkündet, mein Berufswunsch sei Schriftsteller, wäre ich damit nicht auf viel Verständnis gestoßen. Sollte mich allerdings auch nicht wundern. In meinen jungen Jahren wollte ich schon so einiges werden. Diplomat zum Beispiel. Ich hatte das Bild, kreuz und quer durch die Welt zu reisen. An sich nichts Verwerfliches, jedoch stand weniger der Aufbau diplomatischer Beziehungen um Vordergrund, als das kreuz und quer. Ich werde den Verdacht nicht los, damals hätten sich meine Eltern bei dem Beruf Schriftsteller eher Sorgen gemacht, ich würde unter der Brücke schlafen müssen.
Wie mich die Gesellschaft wahrnimmt
Vor einigen Jahren war das Bild der Gesellschaft von einem Schriftsteller relativ klar. Sie waren in der Regel hoch angesehen, es umgab sie immer ein Hauch Boheme und Party. Ihr Leben war spannend. Es war halt ein künstlerischer Beruf und dieser war prinzipiell aufregend, weil er nichts von Spießer- und Vorstadtmief an sich hatte. Auch reisten Schriftsteller grundsätzlich durch die Welt, um an den Schauplätzen ihrer Geschichten live zu recherchieren. Schön wär’s. Und natürlich der Alkohol. Den wirklich erfolgreiche Schriftsteller müssen wahrscheinlich dauernd besoffen sein. Das Bild hat sich heutzutage gewandelt. Wenn auch nicht unbedingt zum Besseren.
Was ich denke, was ich tue
Ich stehe am frühen Morgen auf, weil es dann noch so schön still in der Welt ist. Hämmere zwei Stunden in die Tasten. Und das jeden Tag. Meine Rohentwürfe sind so gut, dass ich sie nur marginal korrigieren muss. Nach dem Frühstück kontrolliere ich meine Einnahmen und beantworte E-Mails von Fans. Nachmittags treffe ich mich mit meinem Verleger, der es nicht leid wird, mir zu versichern, dass sein ganzer Verlag nicht existieren würde, wenn es nicht Schriftsteller wie mich gäbe. Abends treffe ich mich mit einem Produzenten zum Essen, da bereits das zweite meine Bücher verfilmt werden soll. Nach einem letzten Whiskey on the rocks falle ich dann todmüde, aber zufrieden ins Bett.
Was ich wirklich tue
Morgens aufstehen, um zu schreiben, versuche ich immer wieder. Leider bleibt es meistens bei dem Versuch. Ich bin morgens einfach zu müde. Daher gehe ich erst einmal arbeiten. Wenn ich Glück habe, kann ich bereits Spätnachmittag mit dem Schreiben anfangen. Sonst nach dem Abendessen. Meine Einnahmen als Schriftsteller sind konstant, aber überschaubar. Auf Partys werde ich nur selten bewundert. Kann auch nicht so schnell passieren. Erstens gehe ich nicht so oft auf Partys, und wenn, halt ich über mein Dasein als Schriftsteller hübsch den Mund.
Denn was soll man auf den Satz antworten: Ach, du bist Schriftsteller? Ein Buch schreiben wollte ich auch mal, wenn ich Zeit habe. Getoppt wird das nur noch von der Frage: Was verdient man denn als Schriftsteller so?
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